Evans R.J.W.

The Holy Roman Empire 1495-1806
Studies of the German Historical Institute

Verlag: Oxford University Press, London
Erscheinungsjahr: 2011
Umfang: geb., 397 S., Register S. 381-397
ISBN-13: 978-0-19-960297-1
Preis: 118,59 €

Dieses Buch beim Verlag...Dieses Buch bei amazon.de...Dieses Buch bei buecher.de...Mit der Niederlegung der Krone am 6. August 1806 hat der Habsburger-Kaiser Franz II. den Schlusstakt für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation gesetzt, dessen Bilanz für die Frühe Neuzeit (1495-1806) Gegenstand einer internationalen Konferenz vom 30.08. bis 02. 09. 2006 am New College (Oxford) war, die auf Initiative des Deutschen Historischen Insti- tuts London (Dir. Andreas Gestrich; Ideengeber Robert J.W.Evans) einberufen wurde. Im vor-liegenden Berichtsband wurden, eingeleitet von Peter H. Wilson (Hull) und Michael Schaich (DHI) Werkstattberichte aktueller nationaler Geschichtsschreibung aus den Territorien des Reiches aufgenommen, die der verfassungsgeschichtlichen Entwicklung, Wegmarken und Strukturen der Konfessionsgeschichte sowie Themen der Sozial- und Kulturgeschichte ge widmet sind.

Herausgeber und Autoren der Beiträge betonen, wie stark sich der (nationale) Blickwinkel in der Historiographie zum Thema „Hl. Röm. Reich Dt. Nation“ seit den 70-er Jahren verändert hat, weil die Faktoren Raum (Zentralismus vs. Foederalismus auf ca. 687 000 qkm) und Zeit in Richtung der Entwicklung von Verfassungen über Reformen und religiösen Normen in Eu-ropa seit 1495 eine neue Sicht nahelegten. Dass der Augsburger Religionsfrieden (1555) eine religiöse und eine profane, friedensstiftende Seite aufweist, wird exemplarisch in den Beiträ-gen von G. Scott Dixon, Franz Brendle und Anton Schindling sowie Dominic Phelps deutlich. Dabei tritt die Sicht, bei den konfessionellen Konflikten des 16. Jahrhunderts und beim 30-jährigen Krieg habe es sich um „Religionskriege“ gehandelt, für die Territorial- und Reichs-geschichte entschieden zurück zu Gunsten eines Wettstreits um den verfassungsgemäßen Aus bau von Rechten unter dem Dach des „Reichs“, das seit 1648/ 49 religiöse Toleranz gegenüber den „anerkannten Konfessionen“ (Katholiken, Lutheraner, Calvinisten) differenziert übte, wobei Wittelsbacher, Habsburger und die Fürstbischöfe in ihren Landen auch unter dem Aspekt „Stadt-Land-Gegensätze“ das Prinzip eines „ausschließlichen Katholizismus“ hoch-hielten. Nachdem eine Sozial- und Kulturgeschichte aus einem Guss für das Alte Reich nicht vorliegt (Susan C. Karant-Nunn), beziehen sich thematische Beiträge im Sammelband auf Reichsstandschaft, Domkapitel und Reichspersonal im Zeichen des „Merkur“ (Wolfgang Beh ringer) als Funktionsträger für Kaiser und Reich, deren „corporate identity“ in Zeremonien und Ritualen zum Ausdruck kommt (u.a. Barbara Stollberg-Rilinger).

Das Bild vom Hl. Römischen Reich Dt. Nation erscheint mit Blick auf die Europäische Eini-gung positiver als vor 1970, nachdem die Einbahnstraße der Reichsmythen verlassen wurde, die nur in der deutschen Nationalgeschichte das Alleinstellungsmerkmal sehen wollte: Vielfalt in der Einheit als Leitmotiv moderner Historiographie trägt geschichtlichen Realitäten mehr Rechnung als nationalstaatliche Verengung. Herausgeber und Autoren hoffen, dass neue Forschungsansätze unter Einbeziehung regionaler, sozialer und kultureller Fragestellungen zielführend umgesetzt werden: Fachkongress und Berichtsband waren für Fachhistoriker und Interessenten im englischsprachigen Raum gedacht, für die der Forschungsgegenstand reizvoll, weil dessen „Werkstattergebnisse“ zuverlässig transparent gemacht werden. Wegen des fundierten wissenschaftlichen Apparats (Fachliteratur in Fußnoten bis 2009/10) stellt der Band auch eine äußerst nützliche Handreichung für Studenten und Fachhistoriker im deutsch-sprachigen Raum dar, quasi ein „Handbuch“ für die Reichsgeschichte von 1495-1806, eine Orientierungshilfe, die der Geschichtsforschung weitere Desiderata in Erinnerung ruft.

Willi Eisele, OStD
Landesvorsitzender des BGLV e.V.

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