Fenzl Paul

Sagen aus Bayern. Von Hexen, Heiligen und Halunken. München, Volk-Verlag, 2014. ISBN 978-3-86222-142-4. 416 S. € 24,90

Der heute weitgehend vergessene katholische Priester, Pädagoge und Schriftsteller Alexander Schöppner (1820 - 1860) war ein leidenschaftlicher Sammler von Sagen aus dem damaligen Königreich Bayern (Altbayern, Franken, Schwaben) und hat unter dem Pseudonym Johannes Einsiedel 1852/53 im dreibändigen „Sagenbuch der Bayerischen Lande“ 1368 erzählende Texte der Gattungen Sage/Legende/Mischformen erstveröffentlicht.
Das heute gemeinfreie Werk ist derzeit z. B. (ohne Gewähr auf Vollständigkeit)
wie folgt verfügbar:
- als Scan des Originals in Fraktur-Lettern in der digitalen Online- Sammlung bavarica der
Bayerischen Landesbibliothek
- als nicht mehr aktuell verfügbare neuere Druckversionen
- als zeitgemäße Druck-Versionen etwa bei Hofenberg oder Holzinger
- als Volltext-Version online bei Zeno-org.
Daneben sind verschiedene Auswahlausgaben erschienen, die meist heute nicht mehr lieferbar sind. Am verbreitetsten dürfte die von Paul Ernst Rattelmüller herausgegebene mehrbändige, regional geordnete Ausgabe „Sagen aus Bayern“ in der Sammlung Bavarica des Süddeutschen Verlags sein.

Paul Fenzl, pensionierter Lehrer und bisher vor allem als Verfasser von Regensburg-Krimis hervorgetreten, hat nun die schönsten, ausdrucksstärksten und originellsten Schöppner-Texte – möglichst nahe am Original – in einem umfangreichen Band zusammengefasst, regional in Ober-, Niederbayern, Oberpfalz, Pfalz, Schwaben, Unter-, Mittel- und Oberfranken gegliedert und kommentiert per Vorwort, knappen Hintergrundtexten zum historischen Umfeld, Erklärungen von heute nicht mehr oder in ihrer Bedeutung gewandelten Begriffen / Redewendungen und Epilog. Die knappen Anmerkungen zu Handlungsorten, historischen Ereignissen und Personen, gegebenenfalls zu Querverbindungen zu anderen / ähnlichen Sagen sowie zu den Entstehungsgeschichten dienen dem Leser einerseits als Basisinformationen und regen ihn andererseits zum Weiterforschen an, zumal ausgewählte Quellenangaben das Werk abrunden.

Entstanden ist ein buntes Lesebuch über Spuk, Aber- und Wunderglauben, teilweise aber auch mit sozialpolitisch zu interpretierendem Kern, aber auch ein Nachschlagewerk insbesondere durch Sagen- und Ortsregister, die Alternativen zur chronologischen Leseweise aufzeigen können.Die Neuerscheinung ist primär für Deutschlehrer der gymnasialen Unterstufe nützlich, teilweise aber auch als Quellenmaterial für einen kompetenzorientierten Unterricht im historisch-politischen Fächerverbund der Jahrgangsstufen 11 („Ständegesellschaft 15. Jh.“) und 12 („Vom Mythos zum Logos“) geeignet.

Theo Emmer