Kuchler Christian
Historische Orte im Geschichtsunterricht.
Mit Praxisbeiträgen von Christan Bunnenberg, Martin Clauss, Andreas Hidasi und Friederike Hübner
Schwalbach/Ts., Wochenschau-Verlag, 2012 (= Methoden historischen Lernens), 160 S., ISBN 978-3-89974779-9, 14.80 €
Die Reihe „Methoden historischen Lernens“ des Wochenschau-Verlags stellt in loser Folge jeweils eine Methode oder ein Medium vor, charakterisiert diese(s), zeigt den Stand der methodisch-didaktischen Diskussion auf und bietet Beispiele für die Unterrichtspraxis an. Sie versteht sich laut Verlag als „moderne[…] Leitfäden für den Geschichtsunterricht, aber auch für die Museums-, Gedenkstätten- und Archivpädagogik“.
Für vorliegende Neuerscheinung zeichnet ein ausgewiesener Experte verantwortlich: Christian Kuchler ist ausgebildeter Gymnasiallehrer, unterrichtete an bayerischen Gymnasien, war Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Didaktik der Geschichte in München und Regensburg und hat jetzt eine Professur für Didaktik der Gesellschaftswissenschaften an der RWTH Aachen inne. Über historische Orte hielt er unter anderem beim 11. Regensburger Kontaktstudium für Geschichtslehrer im November 2012 als Gastreferent eine beeindruckende Präsentation.
Historische Orte können im Geschichtsunterricht als vielschichtige Quellen genutzt werden, die SchülerInnen einen multisensorischen Zugang zum Fach eröffnen. Der Band stellt dar, wie nachhaltig Lernende profitieren, wenn Exkursionen zu Schauplätzen von geschichtlichen Ereignissen oder zu Orten, an denen Strukturen der Vergangenheit oder Veränderungen im Verlauf der Zeit sichtbar werden, durchgeführt werden. Geschichtsunterricht am historischen Ort bereichert also das historische Lernen. Neben einer fundierten theoretischen Einbettung des Lernens an historischen Orten stellt der Band ausführlich Methoden vor, die im schulischen Rahmen ertragreiches Arbeiten ermöglichen. Im Praxisteil belegen ausgewählte Beispiele aus allen historischen Epochen, wie Lernen an historischen Orten gelingen kann. Der praxisbezogene Band ergänzt die geschichtsdidaktischen Literatur zum außerschulischen Lernen um den wesentlichen Aspekt des multisensorischen Lernens und erschließt den „spatial turn“ der Geisteswissenschaften für den Geschichtsunterricht.
Im Praxisteil werden folgende Beispiele vorgestellt: Limes, antike Befestigungsanlagen in Regensburg, mittelalterliche Stadttore, mittelalterliche Königsgräber im Dom zu Speyer, katholische und protestantische Kirchen im Vergleich, süddeutsche Klosterbibliotheken und ihre Bedeutung für die Aufklärung, Garnisonskirche in Potsdam als zerstörter Lernort, Königsplatz in München als Ausdruck der Historizität, Schlachtfeld von Wörth im Deutsch-Französischen Krieg, Kirche St, Fronleichnam in Aachen als Beispiel für Klassische Moderne, Renaissancefassade am Ort des Massenmords in Schloss Hartheim, zerbombte Städte – Neuanfang oder Wiederaufbau, Olympiastadion München als architektonisches Symbol der Demokratie. Die Praxisbeispiele sind meist reich bebildert, alle enden mit einem knappen „Infokasten“ zu historischem Ort, Methode, Zielgruppe und Material.
Auf folgende Übersichten sei darüber hinaus verwiesen: Was sind historische Orte? (S. 19, 72), Organisation einer Erkundung historischer Orte (S. 62 f.), Grabstätten mittelalterlicher deutscher Könige (S. 87).
Die umfangreichen Anmerkungen zu jedem Hauptkapitel sowie ein langes Literatur-, Quellen- und Medienverzeichnis liefern dem interessierten Leser weiterführende Materialien.
Die Neuerscheinung ist (nicht nur) für GeschichtskollegInnen von großem Nutzen und gehört zumindest in den Handapparat jeder Fachschaft Geschichte.
Theo Emmer