Schulmuseum

Werkstatt für Schulgeschichte Leipzig e.V.
Kinder in Uniform – Generationen im Gespräch über Kindheit und Jugend in zwei deutschen Diktaturen

Verlag: Passage-Verlag, Leipzig
Erscheinungsjahr: 2008
Umfang: 352 S., brosch.
ISBN-10: 3-938543-60-3
Preis: 19,95 €

Bezugsadresse für Lehrer (Klassensätze zu 10,00 EURO über das Schulmuseum Leipzig, Goerdelerring 20, 04109 Leipzig (Elke Urban)

Es ist eine beeindruckende Zeitreise, die der Besucher des Leipziger Schulmuseums durch das 20. Jahrhundert spielerisch erleben kann: die Volksschule aus der Kaiserzeit (1900), die jüdi-sche Carlebach-Schule (1912-1942), die Schule unter dem Hakenkreuz nach 1933 und die Polytechnische Oberschule der DDR in der Ausstattung von 1985. Einzelbesucher und Schul-klassen können nachempfinden, wie sich „Schule früher“ darstellen lässt. Solche Einblicke sind Teil des Bildungsauftrags des Schulmuseums, dessen thematische Vertiefung in das vorliegende Buchprojekt „Kinder in Uniform – Großeltern in der Hitlerjugend, Eltern bei den Jungen Pionieren“ (und in der FDJ) eingeflossen ist. Dokumentiert in Text und Bild sind dabei 30 Interviews von Zeitzeugen im Alter zwischen 30 und 90 Jahren mit Erlebnissen als „Staatsjugend“ aus ihrer Schulzeit in den Massenorganisationen – eindrucksvolle Zeugnisse einer Wirkungsgeschichte von nationalsozialistischer und sozialistischer Erziehung, die in Fotografien, Dokumentarfilmen und in Spielszenen nach vollziehbar und erlebbar gemacht werden (Andreas Beese, Sächs. Staatskanzlei).

„Opa war Pimpf“ (Themenblock 1) und „Mutter war Pionier“ (Themenblock 2) arbeiten ge-meinsame und unterscheidende Elemente der Staatserziehung in beiden Diktaturen in Deutsch land heraus. Sie belegen den Mitmacheffekt und die Begeisterungsfähigkeit ebenso wie die Ausgrenzung, Diffamierung und Verfolgung Andersdenkender. Bilddokumente „in Gegenüberstellung“ (S. 162-165), Liedtexte in Auswahl, Filmdokumente, aber auch Verordnungen über die Hitler-Jugend oder das Statut, die Gebote und Gesetze der Thälmannpioniere sind für den Unterricht sehr hilfreiche Ergänzungen ebenso wie das Glossar und weiterführende Literaturhinweise unseren Kollegen helfen, aus der vorliegenden Dokumentation Unterrichtssequenzen der historisch-politischen Bildung zu erstellen. Wie Leona Bielitz als Projektleiterin betont, soll die Dokumentation zum Nachdenken darüber anregen, warum die erzählten Erfahrungen auch heute noch ein substantielles Thema für eine historisch verantwortliche und zugleich zukunftsorientierte Reflexion sind: Wie konnte Erziehung zur Diktatur erfolgreich und „normal“ sein, wie nachhaltig waren Ideologisierung und Instrumentalisierung? Erinnern wir uns an die zentrale These in der Weizsäcker-Rede zum 8. Mai 1985: Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.

Unsere fachliche Empfehlung gilt daher nicht allein dem vorliegenden Band, sondern dem Besuch des Schulmuseums, dessen Leiterin Elke Urban und ihre Mitarbeiter nach Voran-meldung Schulklassen in einen Erlebnisunterricht zur Demokratieerziehung als „Anstoß für lebenslanges Lernen“ einbeziehen werden (Tel.: 0341 – 2130568; Anmeldung auch über die e-Mail-Adresse: info@schulmuseum-leipzig.de).

gez. Willi Eisele, OStD
Landesvorsitzender des BGLV e.V.
und der Landesfachgruppe G/Sk im bpv