15. Regensburger Kontaktstudium

AOR Dr. Memminger bei seinem Eröffnungsvortrag


15. Kontaktstudium für Geschichtslehrer an der Universität Regensburg

„Schule und Archiv - Möglichkeiten für den Geschichtsunterricht“


Fast 40 GeschichtslehrerInnen vorwiegend oberpfälzischer und niederbayerischer Gymnasien, Berufs-/ Fachober- und Realschulen sowie geladene Regensburger StudentInnen folgten der Einladung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst und der Universität Regensburg, die in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Geschichtslehrerverband und der Bezirksfachgruppe Geschichte/Sozialkunde Oberpfalz im Bayerischen Philologenverband das 15. Regensburger Kontaktstudium ausrichteten.

In ihren Eröffnungsansprachen gingen der Präsident der Universität Regensburg Prof. Dr. Udo Hebel sowie Studiendirektor Albert Freier von der MB-Dienststelle für die Gymnasien in der Oberpfalz auf Bedeutung und wesentliche Anliegen dieser Fortbildungsveranstaltung ein. Studiendirektor Theo Emmer vom Bayerischen Geschichtslehrerverband und dem Bayerischen Philologenverband freute sich über den schularten- und regierungsbezirksübergreifenden Teilnehmerkreis und dankte den Veranstaltern, vor allem dem wissenschaftlichen Leiter Dr. Josef Memminger (Akademischer Oberrat), Leiter der Abteilung Geschichtsdidaktik, sowie allen Referenten für ihr Engagement.

In seinem Einführungsvortrag ging Dr. Josef Memminger von der Wahrnehmung des geschichtskulturellen Ortes Archiv zwischen den Polen Faszination und Verstaubtheit aus. Daraufhin erläuterte er die curricularen Anknüpfungsmöglichkeiten und zeigte die Potenziale von Archivarbeit für den Geschichtsunterricht auf. Dabei seien die Ermöglichung forschend-entdeckenden Lernens, die Förderung von historischer Frage-, Methoden- und Orientierungskompetenz sowie das geschichtskulturelle Lernen (Archiv als gesellschaftlicher Erinnerungsspeicher) einige der wesentlichen Aspekte. Als Herausforderung bei der Archivarbeit wurde insbesondere die „Lesefähigkeit“ für Archivalien genannt; schließlich sei selbst bei Studierenden festzustellen, dass sie bereits mit Texten in Frakturschrift Probleme hätten. Schließlich erläuterte Memminger die Verwirklichungsniveaus schulischer Begegnung mit Archiven: Das könne vom einmaligen informierenden Besuch über arrangierten Unterricht im Archiv bis hin zum echten Erforschen von Archivalien gehen.

Dr. Heike Wolter, Akademische Rätin in der Abteilung Geschichtsdidaktik, stieg in ihren Beitrag „Erste Begegnung von SchülerInnen mit dem Archiv - eine Anleitung“ mit einer provozierenden Schülerfrage ein: „Warum sollen wir ins Archiv - es gibt doch Google?“ Die Referentin lieferte als Antwort gleich eine Gegenfrage: „Woher weiß Google, was es weiß?“ Geschichtsunterricht müsse die SchülerInnen befähigen, kritisch mit Informationen umzugehen. Gerade in unserem Medienzeitalter sei es für das historische Lernen unabdingbar, sich des Entstehungsweges geschichtlicher Erkenntnis bewusst zu sein. Einen elementaren „Speicher“ der Erinnerung stellte in dieser Hinsicht das Archiv dar und darum seien schulische Begegnungen damit unabdingbar. Möglichkeiten hierfür böten sich zahlreich – und das nicht erst in der Oberstufe, sondern ebenso in frühen Phasen des historischen Lernens. Im Hauptteil ihres Referats stellte die Referentin Lernformen im Archiv vor, untersuchte die Eignung verschiedener Archive für die Erstbegegnung und gab praktische Tipps für das historische Lernen im Archiv.

Mit Archivoberrat Dr. Artur Dirmeier stand ein Mann der Praxis den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fortbildung Rede und Antwort. Der Referent leitet das Archiv der St.-Katharinenspitalstiftung Regensburg und ist ehrenamtlicher Archivpfleger des Landkreises Regensburg. In dieser Funktion ging er auf das „Potenzial der Nutzung kommunaler Archive für die Schulen“ ein und wies zunächst auf den Arbeitskreis für Archivpädagogik und historische Bildungsarbeit hin (www.archivpaedagogen.de), bevor er anschaulich darlegte, welche Archivtypen es gibt, welche rechtlichen Bestimmungen zu beachten sind und wie bei einer lokalgeschichtlichen Recherche in einem kommunalen Archiv vorzugehen ist.

Archivoberrat Dr. Till Strobel, stellvertretender Leiter des Staatsarchivs Amberg, widmete sich in seiner Präsentation unterschiedlichen „Möglichkeiten für Recherche, Forschung und entdeckendem Unterricht im Staatsarchiv Amberg am Beispiel von Spruchkammerakten (zum Themenbereich ‚Entnazifizierung in der Oberpfalz‘)“. Zunächst ging er auf die staatlichen Archive Bayerns und ihre Aufgaben ein und stellte insbesondere sein Haus vor (F http://www.gda.bayern.de/archive/amberg/). Im Anschluss widmete er sich den auf Schulen zugeschnittenen Betreuungsangeboten und zeigte, welche Möglichkeiten es gibt, die für schulische Forschungen vorzüglich geeigneten Spruchkammerakten in den Geschichtsunterricht innerhalb des Themenkomplexes Entnazifizierung zu integrieren. Diese Bestände des Staatsarchivs Amberg wurden von StD Emmer mit seinem W-Seminar Geschichte am Gymnasium Parsberg kürzlich mit großem Erfolg genutzt.

Über ein Archiv-Projekt von Geschichtsstudenten und GymnasiastInnen in Zusammenarbeit mit dem Spitalarchiv und Dr. Dirmeier berichteten Margareta Turk, an die Abteilung Geschichtsdidaktik abgeordnete Grundschullehrerin, und Martina Köglmeier, Studienrätin am Von-Müller-Gymnasium Regensburg. Aus der Zusammenarbeit der Kooperationspartner erwuchs die Ausstellung „Pfründner – Brauer – Beutelschneider. Regensburg und sein Spital im Mittelalter“. Die Referentinnen legten dar, wie es bei entsprechender Anleitung und Unterstützung auch Siebtklässlern möglich ist, Fragen an die Geschichte zu stellen, „alte“ Schriften und Archivalien zu untersuchen und eine Ausstellung auf die Beine zu stellen, die im öffentlichen Raum präsentiert wird und großen Zuspruch erfährt (http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg/stadtteile/kumpfmuehl-ziegetsdorf-neupruell/schueler-spueren-mittelalter-alltag-nach-21357-art1294100.html).

Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Exkursion in die Regensburger Innenstadt, wobei die Teilnehmer wählen konnten, ob sie vor Ort das Spitalarchiv oder das Stadtarchiv Regensburg kennen lernen wollten. Beide Archiv-Orte informierten über ihre Geschichte und gewährten Einblick in interessante Bestände.

Das Regensburger Jubiläumskontaktstudium für Geschichtslehrer unterstrich einmal mehr die Bedeutung der Vernetzung von Universität und Schule über das Angebot der Lehramtsstudiengänge hinaus. Die nächsten beiden Runden der erfolgreichen Reihe sind schon angedacht, das Angebot im kommenden Jahr wird sich alternierend wieder auch an Sozialkundelehrer richten: Arbeitstitel „Globalisierung in historischer Perspektive“.

Theo Emmer