9. Regensburger Kontaktstudium

15. November 2010

Thema: »Vor- und Frühgeschichte im Geschichtsunterricht an höheren Schulen: Standardthema und "Stiefkind" zugleich«
Ort: Archäologisches Museum Kelheim, Lederergasse 11, Vortragsraum

in Kooperation mit:

Wissenschaftliche Leitung:

Dr. Josef Memminger
Universität Regensburg, Akademischer Oberrat für Didaktik der Geschichte

Dr. Ruth Sandner
Kreisarchäologie Kelheim, Koordinatorin Archäologiepark Altmühltal, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichte der Universität Regensburg

Rund 50 Geschichtslehrer oberpfälzischer sowie niederbayerischer Gymnasien und Realschulen folgten der Einladung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und der Universität Regensburg, die in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Geschichtslehrerverband und der Landesfachgruppe Geschichte / Sozialkunde im Bayerischen Philologenverband das neunte Regensburger Kontaktstudium ausrichteten. Mit dem Archäologischen Museum der Stadt Kelheim war der Veranstaltungsort passend zum Thema gewählt.

In einer hervorragenden Ausstellung werden bedeutende archäologische Funde aus der Region präsentiert, und der stellvertretende Museumsleiter, Dr. Bernd Sorcan, lud die Lehrer in seiner Begrüßung dazu ein, das Museum zu Exkursionen mit ihren Schulklassen zu nutzen. Der Rektor der Universität Regensburg, Prof. Dr. Thomas Strothotte, unterstrich in seinem Grußwort die Bedeutung des Kontaktstudiums als „Brücke zwischen Theorie und Praxis“ und ermunterte die Geschichtslehrer, ihre Schüler aus der Reserve zu locken, damit diese ihrer eigenen Wissensgier nachgingen. Studiendirektor Albert Freier in Vertretung des Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in der Oberpfalz, Oberstudienrat Theo Emmer als Vertreter des Bayerischen Geschichtslehrerverband und des Bayerischen Philologenverband - Bezirksfachgruppe Geschichte/Sozialkunde Oberpfalz dankten den Veranstaltern für ihr Engagement und hoben die Bedeutung der Archäologie hervor: „Sie deckt den größten Teil der Menschheit ab und kann wichtige Schlüsselqualifikationen vermitteln.“ Dr. Josef Memminger, Akademischer Oberrat für Didaktik der Geschichte an der Universität Regensburg, der zusammen mit Dr. Ruth Sandner die wissenschaftliche Leitung innehatte, führte in die Fortbildungsveranstaltung „Vor- und Frühgeschichte im Geschichtsunterricht an höheren Schulen: Standardthema und ‚Stiefkind’ zugleich“ ein.

Er hielt auch den ersten Vortrag zum Thema „Vor- und Frühgeschichte als ‚Stiefkind’ im Schulalltag – Diagnose, Potenziale, Darbietung“. Ausgehend von den berühmten Höhlenmalereien von Lascaux in Frankreich sensibilisierte er die Teilnehmer dafür, wie geschichtliche Quellen interpretiert werden können, ging auf fachliche Unschärfen und Simplifizierungen ein und gab den Teilnehmern zahlreiche Literaturtipps. Außerdem ermunterte er sie zu manuellem Tun im Unterricht, auch in Kooperation mit Kollegen der Fächer Kunst oder Werken.

Unter dem Titel „Lucy, Ötzi, Asterix und Co.“ beleuchtete Prof. Dr. Ursula Putz, Archäologisches Institut der Universität Graz, Schlaglichter der Vor- und Frühgeschichtsforschung. Anschaulich erklärte sie, wie sich der Mensch aus Afrika heraus verbreitet hat und welche Kunstgegenstände die ersten Menschen hervorgebracht haben. Faszinierend waren ihre Ausführungen über detaillierte Erkenntnisse zu Lebensumständen, Ernährung, Tätowierungen und Todesursache des berühmten Ötzi.

Am Nachmittag stellten Dr. Josef Memminger und Christoph Schröder, Lehrbeauftragter für Geschichte an der Universität Regensburg), in einem Workshop verschiedene Techniken für manuelles Tun im Unterricht zur Vor- und Frühgeschichte vor: Vom Feuermachen mit Feuerstein, Pyrit und Zunder über Höhlenzeichnungen (hier auf Tapeten) bis hin zum Pinselbasteln und Muschelschleifen konnten die Geschichtslehrer zahlreiche Anregungen mit in ihre Schulen nehmen.

Im Anschluss präsentierte Dr. Ruth Sandner, Kreisarchäologin des Landkreises Kelheim, den „Archäologiepark Altmühltal - ein lohnendes Exkursionsziel“. Dabei ging sie zunächst auf die Grabungen zum Main-Donau-Kanal ein, die größten Flächengrabungen Bayerns von 1976 bis 1989, dann auf die bedeutenden Funde und die Idee, die Befunde in einem archäologischen Park zu rekonstruieren. Besonders betonte die Referentin das erfolgreiche Konzept, das den entstandenen größten Archäologiepark Europas durch ein umfangreiches Jahresprogramm mit zahlreichen Aktionen und speziellen Programmen für Schulklassen belebt.

Den Abschluss des Tages stellte die Exkursion der Teilnehmer zum rekonstruierten Keltentor nach Kelheim-Gronsdorf dar. Dr. Sandner erläuterte hier den Fund bei den Ausgrabungen sowie die heute begehbare Rekonstruktion in beeindruckenden Ausmaßen. Spätestens damit war der Anstoß gegeben, Stationen des Archäologieparks mit Schulklassen zu besuchen, und das Thema „Vor- und Frühgeschichte“ an höheren Schulen weniger „stiefkindlich“ zu behandeln. Zwar ist der zeitliche Rahmen im Geschichtsunterricht durch die Lehrpläne eng, jedoch ergeben sich Synergieeffekte vor allem mit Kunst/Werken sowie Natur und Technik; zudem bietet sich der Archäologiepark Altmühltal für Projekte und Seminare in der neuen gymnasialen Oberstufe an.

Theo Emmer und Monika Grassinger (Archäologieerlebnis Unteres Altmühltal)